Februar 2015

Essenz des Lebens

Du kannst Deine Zeit damit verbringen, in Perfektion zu versinken. Die immer noch bessere Kamera, die noch bessere Bildbearbeitungssoftware, die den analogen Look noch überzeugender rüberbringt, den noch schnelleren Rechner – und am Ende des Tages hast Du kein einziges Foto gemacht.

Wenn Du in Deiner Kunst vorwärts kommen willst, dann musst Du in Deiner Kunst täglich aktiv sein. Die Wege entstehen beim Gehen. Die Auseinandersetzung mit dem Motiv, Deiner Wahrnehmung und das Spielen mit den technischen Limitierungen, eröffnen Dir neue Ideen, neue wunderbare Gedanken.

Öffne Dich für die Poesie des Unvollkommenen. Setze Dich mit Fotografen auseinander, verstehe was sie Dir zeigen wollen.

Spüre Deinem Erleben nach. Versuche das, was Du in Dir findest, fotografisch umzusetzen. Entwickle so Deinen persönlichen Stil, Deine persönliche, unvollkommene Sicht auf die Welt.

Vollkommenheit, Perfektion sind Geißeln der Phantasie, der Kunst und des Beitrags der Du für diese Welt sein möchtest. Sei die Person die Du bist. Bekenne Dich zu Deiner Unvollkommenheit. Zu dieser wunderbaren Weise aus Grenzen heraus, weites Land zu eröffnen und Dinge zu zeigen die noch niemand so gesehen hat.

Sei kein Sklave des Konformismus, welcher das immer Gleiche zelebriert, es Dir verkauft als das wirklich wahre und wichtige. Der Dir Hunger macht, mit dem Versprechen der schnellen Sättigung, problemlos, schnell, denn Du bist ja nicht blöd.

Kunst hat immer etwas mit der Verzweiflung des Suchens, dem verzagenden und vorsichtigen Finden und dem kurzen Glück der Erfüllung zu tun. Dann führt Dich der Weg zur nächsten Suche, welche Dich immer tiefer in den Kaninchenbau treibt, in die wunderbare Welt von Alice.

Zu den Essenzen der Welt gehören Imperfektion und Begrenzung.

Auch heute wieder mache ich mir diesen Zusammenhang bewusst und schüttele meine eigenen Geißeln ab. Spreche zu mir selbst. So wie fast täglich.

Tiefung und Vertiefung

Seit geraumer Zeit setze ich mit dem Fotografen Ralph Gibson auseinander. Seine Bilder haben in mir Räume geöffnet und ein Verständnis für Photographie vermittelt, das mir zunehmend Freude macht.

In den nächsten Wochen werde ich ihm einen eigenen Artikel widmen, denn ich hatte die Gelegenheit mich mit ihm über meine photographische Entwicklung zu unterhalten und bei Leica in Wetzlar einer Lesung beizuwohnen, die er dort anläßlich seiner Ausstellung „Mono“ hielt.

Während unseres Gespräches über meine Photographie, erzählte er mir eine Geschichte, welche in verschiedenen Interviews mit ihm und in seinen Büchern schon kolportiert ist: „Nachdem ich bereits 1 Jahr Assistent bei Dorothea Lange war, schaute Sie meine Arbeiten durch und sagte: „Ich sehe die Probleme hier. Du hast keinen Ausgangspunkt (point of departure). Nimm Deine Kamera überall mit hin, auch wenn Du in die Drogerie gehst, um Zahnpaste zu kaufen. Wenn Du Deine Kamera dabei hast, steigern sich die Chancen ein kraftvolles Bild zu machen. Wenn Du aber an der Straßenecke stehst und darauf wartest, dass etwas passiert, wirst Du niemals ein Bild bekommen.“
Ralph erläuterte: „Es geht darum eine Idee zu haben, einen emotionalen Verdacht. Interessiere Dich für etwas, für einen ungewöhnlichen Aspekt oder eine ungewöhnliche Perspektive, in einem gewöhnlichen Rahmen.“
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Motiv. Fotograf. Begegnung.

Wie bereits diskutiert gibt es keine isolierte Begegnung zwischen Menschen und ihrer Umwelt, welche den Kontext, die Befindlichkeiten, die Biographie und die benutzten Werkzeuge außer Acht läßt. Was passiert wenn der Fotograf auf ein Motiv trifft, welches ihn anspricht, ihn berührt?

Hier möchte ich von mir berichten.

Ich arbeite fast ausschließlich im Rahmen von eigenen Projekten. Das bedeutet, dass ich nicht auf die Straße oder in die Natur gehe und einfach los fotografiere (dies ist natürlich auch eine Möglichkeit, welche aber nicht zu mir passt).
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Konzept der Kunst

In meinem letzten Text habe ich die Idee des Hintergrundes und deren Bedeutung beschrieben.
In diesem Artikel komme ich jetzt zum Begriff der Kunst und meiner persönlichen Sichtweise auf dieses Konzept.

Diese große Welt ist getragen von vielen Einzelindividuen und deren Handeln, deren Wirkmächtigkeit in dieser Welt.
Sie besteht in der Summe aus vielen Einzelexistenzen, mit denen ich verbunden bin und deren Erfahrung in das eingegangen ist, was Carl Gustav Jung das kollektive Unbewusste nannte.
Bevor ich die Kamera in die Hand nehme, sammeln sich in mir Kräfte, welche sich aus der Weltkunst und meiner Rezeption der Weltkunst speist. Ich bewege mich immer auf den Schultern anderer.
Ich bin sozusagen als Einzelexistent die Spitze eines Eisberges.
Hier kann es nur Wertschätzung geben und individuelle Ausdrucksformen des eigenen Menschseins.
Der Wunsch sich auszudrücken und nicht nur, aber auch dadurch für sich selbst Bedeutung zu erlangen, ist jedem Menschen inhärent.

Wir sind alle Bedeutungssuchende. Wir brauchen einen Sinn um der Erfahrung der Leere eine Antwort geben zu können.
Kunst als Spiegel des Lebens, der Gesellschaft und der Vielfalt, darf aus meiner Sicht Antworten geben, welche Angst machen und aber auch berühren und uns eingebettet sein lassen in unserer Welt und in einer transzendentalen Wirklichkeit.

Jeder Mensch ist zur Kunst begabt. Kunst als Ausdruck einer Fertigkeit, welche immer auf dem Weg zur Meisterschaft ist. Doch nie fertig, immer auf der Suche, in der Erforschung der Wirklichkeiten.
Deshalb hat jeder Mensch ein Recht auf seine eigene Kunst, welche ihn ausdrückt und repräsentiert. Er darf, mit seinen Kreationen, gehört und gesehen werden. Er darf Rückmeldungen erhalten, welche seine Bemühungen anspornen. Hierzu brauch es keinen Kunstbetrieb.
Hierzu brauch es Wertschätzung, Selbstwert und WOLLEN.