Wie bereits diskutiert gibt es keine isolierte Begegnung zwischen Menschen und ihrer Umwelt, welche den Kontext, die Befindlichkeiten, die Biographie und die benutzten Werkzeuge außer Acht läßt. Was passiert wenn der Fotograf auf ein Motiv trifft, welches ihn anspricht, ihn berührt?
Hier möchte ich von mir berichten.
Ich arbeite fast ausschließlich im Rahmen von eigenen Projekten. Das bedeutet, dass ich nicht auf die Straße oder in die Natur gehe und einfach los fotografiere (dies ist natürlich auch eine Möglichkeit, welche aber nicht zu mir passt).
Meine Projekte waren immer erfüllt von Dingen, welche mich stark interessierten: ich habe abgestorbene Bäume, den Rhein und fließendes Wasser oder auch Landschaften fotografiert.
Später begegnete ich, zunächst über Literatur, das Internet und Zeitschriften dem Fotografen Ralph Gibson. Dieser brachte meine Überlegungen auf den Punkt:
- Mache eine Liste von Dingen, die dich interessieren und setze Dich fotografisch damit auseinander.
- Achte auf Deine emotionale Idee (im Original: “emotionaler Verdacht”) und erforsche diese im Motiv.
Ich kannte auch eine andere Eigenschaft von mir, nämlich schnell begeistert zu sein und in einen Rausch des Fotografierens zu kommen. Meist ging das dann sehr schnell und obschon es einige Bilder gab, die ich als gelungen empfand, war viel Datenabfall darunter. Oft musste ich denselben Ort gar wiederholt aufsuchen, weil letztlich keines der Bilder meinem Anspruch genügte. Dies führt zu Frustration nach all den Mühen.
Mir ist es wichtig, dass ich alles dafür tue, um das Foto zu bekommen, was ich bekommen will. Es war nicht der doppelte Aufwand, der mich frustierte, sondern die fehlende Ruhe und Achtsamkeit beim ersten Versuch. Als Beobachtung habe ich für mich gefunden, dass ich darauf achte, wenn ich zu schnell werde und in ein Hochgefühl komme, fast außer Atem bin.
Um meinem Erleben auf der Spur zu bleiben und Dinge zu finden, welche meiner emotionalen Idee entsprechen, habe ich mich sehr verlangsamt. Ich übe mich darin, mein inneres Erleben in den Blick zu nehmen und mein Sujet zu betrachten.
Folgende Übung habe ich dabei als hilfreich erlebt:
Ich nehme wahr, was in mir und außerhalb von mir stattfindet. Dies erzähle ich mir selbst im Geiste oder halblaut, indem ich die Sätze immer beginne mit: „Jetzt nehme ich war, dass…“. Dies hilft mir die Atmosphäre zu spüren, den Raum zu vergegenwärtigen und mich darin zu finden.Mein aktuelles Projekt ist beseelt von diesen Erfahrungen und ich setze mich auch mittels Literatur, Musik und den Werken anderer Fotografen damit auseinander. Hier sei besonders Bruce Birnbaum erwähnt, der wunderbare Bilder von Kathedralen gemacht hat.
Sehr häufig höre ich sofort Orgelmusik, die mir wichtig ist oder gregorianische Choräle oder Kirchenlieder, welche ich aus meiner eigenen Organistenzeit her kenne.
Ich suche immer zuerst die Orgel auf. Ihr majestätischer Anblick gibt mir ein erhebendes Gefühl. Dann schaue ich danach, wie das Licht durch die Fenster fällt und ob sich bestimmte Aspekte des Kirchenbaus in diesem Licht besonders zeigen. Mich interessiert auch die Spiritualität der hier betenden Menschen –- in meinem aktuellen Projekt, – die der Mönche. Es geht mir darum, wie die Suche anderer Menschen in meinem Erleben Resonanz findet und sich im Kirchenraum widerspiegelt.
So achte ich auf Formen, Muster, Beschaffenheit der Steine, die Ausgestaltung und die Atmosphäre der Kirche. Ich gehe durch die Kirche und schaue nach guten Punkten zum Fotografieren. So bin ich häufig erfüllt von einem Gefühl der Ehrfurcht, Freude, tiefen spirituellen Gedanken und auch der Gelassenheit einen Weg zu gehen, der noch nicht zu Ende ist.
Das ist es was ich bei der Arbeit an einem Projekt so schätze: Die Bewusstwerdung eines Weges, meines Weges und die damit einhergehende persönliche Teilung, welche alle Teile meines Lebens erreicht.